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Film in der Kapelle St. Jakob

Alice Herz-Sommer (1903 – 2014)

Die Pianistin von Theresienstadt

Dokumentarfilm von Inga Wolfram (2005), 43 Minuten

KAPELLE ST. JAKOB KASNEVITZ
27. Mai – 31. Oktober | täglich 10 – 18 Uhr




Eine liebenswerte, zarte Frau sitzt in ihrer Londoner Wohnung am Klavier und spielt Chopin. Alice Herz-Sommer hat fast das ganze 20. Jahrhundert erlebt – sie ist 1903 geboren. Im deutsch-jüdischen Elternhaus in Prag lernte sie Geistesgrößen wie Franz Kafka, Felix Weltsch und Max Brod kennen.  Alice wächst mehrsprachig auf, studiert Musik und ist zu Beginn der dreißiger Jahre eine bekannte Pianistin. Als die deutschen Truppen 1938 die Tschechoslowakei besetzen, beginnt auch hier die Verfolgung der Juden. Alice bekommt Auftrittsverbot, spielt nur noch zu Hause.
1942 wird ihre Mutter deportiert; den Schock darüber kann sie nur am Klavier bewältigen. Sie setzt sich in den Kopf, die 24 Etüden von Chopin einzustudieren, mit das Schwierigste, das die Klavierliteratur zu bieten hat. Keine Musikerin vor ihr hatte diese schwierigen Etüden beherrscht. 1943 trifft es Alice Herz-Sommer selbst. Mit ihrem Mann und dem 1937 geborenen Sohn Stephan wird sie ins Konzentrationslager Theresienstadt abtransportiert. Hier hilft ihr die Musik, die Situation überlebbar zu machen. Sie wird die ‚Pianistin von Theresienstadt‘, die durch ihre regelmäßigen Konzerte den Mithäftlingen Mut macht und Trost spendet – und ihren kleinen Sohn vor den abgründigen Schrecken des Lagers bewahren kann. Ihr Mann wird im Oktober 1944 nach Auschwitz deportiert, sein dringender Rat rettet Frau und Kind das Leben.
Alice Sommer und ihr Sohn ziehen 1947 nach Israel. 1984 siedelt sie nach London um. Bis zu ihrem Tod im Februar 2014 traf sich Alice mit Freundinnen, darunter Holocaust-Überlebende wie sie, unterhält sich mit ihnen in sieben Sprachen, spielt täglich drei Stunden Klavier. Wenn sie über ihr Leben und ihr Schicksal spricht, dann tut sie das heiter und gelassen, voller Vitalität und Lebensfreude – sie findet: ‚Das Leben ist schön – trotz allem!‘

Der Kasnevitzer Reinhard Piechocki entdeckte Alice Herz-Sommer im Jahr 2002. Es entstand eine tiefe Freundschaft. Viermal besuchte er sie in London, fast täglich telefonierten sie miteinander. 2006 veröffentlichte er zusammen mit Melissa Müller die Biographie: Alice Herz-Sommer – „Ein Garten Eden inmitten der Hölle“, die in viele Sprachen übersetzt wurde und Alice weltweit bekannt machte.

Während der Öffnungszeiten der Kapelle läuft der 43-minütige Dokumentarfilm in Endlosschleife.
Veranstalter: Evangelische Kirchgemeinde Kasnevitz St. Jakob
Mit freundlicher Unterstützung: flz I Stahl- und Metallbau Lauterbach GmbH
Foto: Archiv Reinhard Piechocki